Bensheim, 02.03.2015
Hotel-Neubau als Herzensangelegenheit
BENSHEIM. Der Name sitzt und passt: Jürgen Streit ist der "Kempinski der Bergstraße". Landrat Matthias Wilkes, immer für eine ins Schwarze treffende Pointe gut, hat den Bensheimer Unternehmer am Freitag so getauft. Und für seinen Geistesblitz von Vertretern der Wirtschaft und aus der Politik viel Applaus und Zustimmung - und noch mehr Lacher geerntet. Denn Fakt ist: In den letzten Jahren hat kaum jemand in der Region soviel Courage bewiesen und ist soviel unternehmerisches Risiko eingegangen wie die Investorenfamilie Streit.
Nach der Frischzellenkur für das Tagungshotel "Halber Mond" in Heppenheim, dem Kauf des Wambolter Hofs in Bensheim, des ehemaligen Staatsweinguts und des Schönberger Schlosses, der ehemaligen Renaissance-Residenz der Fürsten zu Erbach-Schönberg, landete der Geschäftsmann seinen - vorläufig - letzten Coup: Den Bau eines Business-Hotels im Gewerbegebiet Stubenwald.
Man muss schon verrückt sein...
Nach nur zehnmonatiger Bauzeit konnten bereits Ende vorigen Jahres die ersten Übernachtungsgäste in den Neubau mit dem markanten Namen "Tobbaccon" - in Anlehnung an den früheren Tabakanbau in Lorsch - und der noch prägnanteren, tabakbraunen Fassade einziehen.
Am Wochenende fand die offizielle Eröffnung des 200-Bettenhauses mit einem Empfang für geladene Gäste und einem Tag der offenen Tür statt. Und Jürgen Streit machte in seiner launigen Willkommensansprache keinen Hehl daraus: Man müsse schon ziemlich verrückt sein, um heute ein Hotel zu bauen, "aber vieles im Leben geschieht mit dem Herzen. So war es auch bei diesem Gebäude".
Das grüne Sofa in der Lobby
Sogar seine Ehefrau sei zunächst alles andere als begeistert von den Plänen gewesen, gab der neue Hotelbesitzer unumwunden zu. Sein unternehmerisches Gefühl habe letztendlich aber gesiegt. Und Petra Greißl-Streit hat ihre Meinung inzwischen ebenfalls grundlegend geändert. Sie ist heute Geschäftsführerin von "Tobbaccon" - und zwar mit Leib und Seele. Ihr absoluter Geheimfavorit: Ein grünes Sofa in der Hotellobby.
Dass der Bau eines Hotels im Gewerbegebiet nicht nur reine Gefühlssache, sondern gut überlegt war, ist für jemand wie Jürgen Streit eine Selbstverständlichkeit. Will heißen: Er hat sich nicht blauäugig ins neue Metier gestürzt, sondern den Markt vorab genau unter die Lupe genommen und bei einem Vortest einen Bedarf von 12 000 Übernachtungen von Geschäftsreisenden in Bensheim pro Jahr festgestellt. "Nur das Kirchberghäuschen zählt leider noch nicht zu uns", scherzte Streit.
Von Akzenten und Meilensteinen
"Es ist fast fertig", freute sich Architekt Michael Landes (Frankfurt) über die Hoteleröffnung und den "relativ einmaligen" Charakter des Hauses. Sowohl in der Lobby von "Tobbaccon", den Veranstaltungsräumen und den 74 Doppel- und 37 Einzelzimmern dominieren die Farben Braun und Weiß.
Ab und an gibt es schwarze und grüne Farbtupfer. Warum diese zurückhaltende Farbkonzentration? Auch hier haben sich Bauherr und Planer eng an den Namensgeber des Hotels, einer alten Tabakscheune aus Lorsch, orientiert. Sogar die Fenster haben die Form von Tabakblättern und "kosteten eine Menge Geld".
Als Stifter einer "völkerverbindenden Freundschaft zwischen Heppenheim und Bensheim" bezeichnete Landrat Matthias Wilkes mit einem Augenzwinkern den Hotelboss, "der an der Bergstraße Akzente gesetzt hat".
Für Bürgermeister Rolf Richter bedeutet das Hotel einen "weiterer Meilenstein" im lange Zeit nicht ganz unumstrittenen Stubenwald-Konzept. "Das Hotel steht genau an der Stelle, wo es gebraucht wird. Es ist ein markanter Punkt im Gewerbegebiet, welcher der Stadt gut tut", bekräftigte Richter. Genau wie Wilkes sprach er von einem wichtigen Standortfaktor für die gesamte Region.
© Bergsträßer Anzeiger, Montag, 02.03.2015